Denkmalschutzgrabung und wissenschaftliches Aufarbeitungsprojekt Krems/Hundssteig
Grabungsleitung: Norbert Hirsch (2000) und Mag. Franz Pieler (2001), Verein ASINOE Krems im Auftrag der Abteilung für Bodendenkmale des Bundesdenkmalamtes
Projektleitung: Ass.-Prof. Mag. Dr. Alexandra Krenn-Leeb, IUF Wien
SG Krems an der Donau
VB Krems an der Donau
Niederösterreich
Von 2000 bis 2001 fanden archäologische Untersuchungen am Hundssteig in Krems durch den Verein ASINOE im Auftrag der Abteilung für Bodendenkmale des Bundesdenkmalamtes statt. Die Fundstelle war aufgrund der im Zuge von Erdarbeiten Ende des 19. Jahrhunderts gemachten paläolithischen Funde bekannt gewesen.
In den ersten Testsondagen, die durch Mitarbeiter der Prähistorischen Kommission der Akademie der Wissenschaften (Dr. Christine Neugebauer-Maresch) angelegt wurden, zeichneten sich unerwarteterweise mehrere prähistorische Gräben ab. Das Gelände wurde neuzeitlich terrassiert und wies nun zwei Stufen auf. Die untere Terrasse sollte auf das Niveau der oberen aufgeschüttet werden, wodurch dort keine Eingriffe in den Boden vorgenommen werden sollten. Trotzdem konnten hier drei Sondageschnitte angelegt werden, um die stratigraphischen Verhältnisse zu klären.
Unter der Leitung von Norbert Hirsch und im Anschluss Franz Pieler wurde auf einer Fläche von ca. 11.000 m2 vor allem im Bereich der oberen Terrasse der Humus flächig abgeschoben. Es stellte sich heraus, dass hier ein zweifaches Abschnittsgrabensystem vorlag, wobei vom äußeren Graben ein dritter im annähernd rechten Winkel abzweigte und ein eigenes Areal eingrenzte. Durch die neuzeitliche Terrassierung waren die Gräben im Bereich der unteren Terrasse nicht mehr erhalten. Unter einer mächtigen neuzeitlichen Lehmauflage fanden sich dort jedoch zahlreiche Siedlungsstrukturen. Derartige Befunde waren auf der oberen Terrasse zwischen den Gräben nicht mehr vorhanden, wohl infolge starker Erosion.
Auf der unteren Terrasse wurde ein etwa 3 m mächtiges Schichtpaket der Jevišovice-Kultur angetroffen. An der Basis befanden sich übereinander zwei rechteckige Hausgrundrisse, die zumindest teilweise eingetieft gewesen sein dürften. Sie konnten leider jeweils nur zu einem Viertel erfasst werden. Das jüngere Objekt wurde durch ein Feuer zerstört, wodurch Teile des Lehmbodens und der Wände erhalten waren. In der Nordostecke des Grundrisses befand sich eine rechteckige Lehmwanne, vermutlich eine erhöhte Feuerstelle. Über den Hausgrundrissen wurde eine mächtige Abraumschicht aufgedeckt, in die weitere Objekte eingetieft waren.
Neben etlichen Pfostengruben, die jedoch keine Struktur erkennen ließen, wurde ein rechteckiges Objekt mit einem Webstuhl freigelegt. Der Webstuhl hatte eine Länge von etwa 1,20 m und wies mindesten drei Reihen von walzenförmigen Gewichten auf. Neben diesem Objekt fand sich ein Brandgrab mit Keramikbeigaben, das eines der jüngsten Befunde darstellt.
Auf der oberen Terrasse konnten nach dem flächigen Abschieben der Humusschicht drei Gräben festgestellt werden. Graben 1 und 2 lagen halbkreisförmig parallel zueinander und grenzten den Ostteil des Höhenrückens vom Hinterland ab. Vom westlichsten Punkt des Graben 1 zweigte ein dritter Graben ab, der den gesamten Südteil des Geländesporns abriegelte. Bei den Gräben handelte es sich durchwegs um breite Sohlgräben, Graben 1 wies zudem eine Rinne an der Sohle auf. Diese wurde vermutlich zur Kanalisierung des Regenwassers angelegt, wodurch sie sehr stark erodierte. An der tiefsten Stelle lag die Sohle 7,60 m unter der Humusoberkante! Die Rinne wurde offenbar wiederholt zugeschüttet, als zusätzlicher Erosionsschutz wurden im Graben 1 mindestens zwei Wasserauffangbecken angelegt. Diese wurden über längere Zeit benutzt und der angeschwemmte Schlamm mehrfach ausgeräumt. In Graben 2 hatte es offenbar weniger Probleme mit dem Regenwasser gegeben, hier war keine Rinne angelegt worden. Die ursprünglich angelegte Erdbrücke im Bereich der Sondage 9/3 wurde in einer jüngeren Phase durch eine Holzkonstruktion ersetzt. In derselben Flucht befand sich auch in Graben 1 eine ähnliche Konstruktion, diese konnte jedoch leider nicht vollständig ergraben werden.
Die Baudaten bzw. Abfolge der drei Gräben kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht bestimmt werden, sicherlich bestanden sie aber in der Endphase der Siedlung gleichzeitig. Der Aushub des Schlammbeckens im Bereich von Sondage 8/2 in Graben 1 wurde im Graben 3 deponiert. Alle Gräben wiesen eine recht gleichartige Verfüllung mit einer Steinschicht auf, außerdem traten überall zahlreiche menschliche Knochen und Teilverbände auf. Diese befanden sich durchwegs etwa 0,50-1 m über der Grabensohle.
Das höchst umfangreiche und qualitativ sehr gut erhaltene Keramikmaterial aus den Gräben kann vorerst nur allgemein der Jevišovice-Kultur zugeordnet werden.
Literatur
- N. HIRSCH, Krems/Hundssteig. In: Chr. Farka, Jahresbericht der Abteilung für Bodendenkmale des Bundesdenkmalamtes. Fundber. Österreich 39, 2000, 20-21.
- M. KOHLER-SCHNEIDER und A. CANEPPELE, Verkohlte Pflanzenreste aus der endneolithischen Siedlung Krems-Hundssteig (Niederösterreich). In: A. Krenn-Leeb, K. Grömer und P. Stadler (Hrsg.), Ein Lächeln für die Jungsteinzeit. Ausgewählte Beiträge zum Neolithikum Ostösterreichs. Festschrift für Elisabeth Ruttkay. Archäologie Österreichs 17/2, 2006, 132-140.
- A. KRENN-LEEB, Neue Forschungen zum Siedlungswesen der Jevišovice-Kultur in Niederösterreich. In: Ivan Cheben und Ivan Kuzma (Hrsg.), Otázky neolitu a eneolitu našich krajín – 2001 (20. Arbeitstagung Neolithikum und Äneolithikum 2001 vom 9.-12. 10. 2001 in Liptovská Sielnica, Slowakei). Archaeologica Slovaca Monographiae 4, Nitra 2002, 167-186.
- A. KRENN-LEEB, Alltägliche Gefahren und/oder Krisen am Beispiel der endneolithischen Jevišovice-Kultur. Varia Neolithica 3, 2004, 127-136.
- A. KRENN-LEEB, Mensch und Umwelt der Kupferzeit Ostösterreichs – Aktuelle Fragestellungen am Beispiel ausgewählter Siedlungen des 4. und 3. Jahrtausends v. Chr. In: A. Krenn-Leeb, K. Grömer und P. Stadler (Hrsg.), Ein Lächeln für die Jungsteinzeit. Ausgewählte Beiträge zum Neolithikum Ostösterreichs. Festschrift für Elisabeth Ruttkay. Archäologie Österreichs 17/2, 2006, 117-131.
- F. PIELER, Die archäologischen Untersuchungen der spätneolithischen Befestigungsanlage von Krems – Hundssteig. In: B. Wewerka (Hrsg.), Bericht zu den Ausgrabungen des Vereins ASINOE im Projektjahr 2001. Fundber. Österreich 40, 2001 (2002), 503-513.
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